Als ich mich vor Jahren dafür entschied unter einem Psydonym zu arbeiten, war die Entscheidung recht schnell klar, welchem Prinzip ich da folgen wollte. Der Mord an Marinos Schöberl im Jahr 2002 in Potzlow, war ein Schock nicht nur für mich. Ich besuchte gemeinsam mit vielen Antifaschisten gemeinsam die kleine Ortschaft in Brandenburg. Was uns dort erwartete, war ein typisches Beispiel für einen Ort, der nicht zu den Wendegewinnern gehörte. Perspektivlosigkeit, tief verwurzelte Ressentiments und das Gefühl mit allem allein gelassen worden zu sein, spürte Mensch im ganzen Dorf. Wir wurden mit vollem Hass empfangen. Doch bei uns kam das Gefühl auf, das jetzt Schluss sein musste mit dem strukturellem Wegschauen in den Kreisen der verantwortlichen Politik. Einerseits musste in bestimmten Gegenden dringend etwas getan werden, was den Neonazis ihre Basis entzog, die sich zunehmend daraus rekrutierte, dass sie die fehlenden sozialen Netzwerke besetzte. Andererseits würden wir es nicht mehr zulassen, dass Rassistische und neofaschistisch motivierte Straftaten systematisch von der Politik gedeckt wurden. Es folgte eine intensive Zeit der antifaschistischen Reisen. Jedes Wochenende stieg Mensch in den Zug und legte den Finger in eine neue Wunde, also einen anderen Ort, in dem es Übergriffe, Aufmärsche oder strukturellen Rassismus gab. Zur gleichen Zeit, wie wir jetzt Wissen, zog eine Gruppe durchs Land und beging systematisch Morde. Der NSU mordete durch die Bundesrepublik. Ich weiss nicht, wie wir reagiert hätten, hätte Mensch gewusst das so etwas wieder möglich ist. Sicher auch mit Gewalt. Heute erscheint mir aber zumindest eines klarer, die Entscheidung den Ortsnamen Potzlow in Ewigkeit mit antifaschistischer Aufklärung zu verbinden, ist gerechtfertigt. Es soll mahnen.
Die immer größeren Entdeckungen der Verstrickungen der Behörden und Ämter, bei den Morden der NSU zeigen deutlich, dass wir noch viel mehr Menschen brauchen, die genau hinschauen, öffentlich machen und notfalls auch direkt eingreifen und aktiv werden. Das alles bringt Marinus nicht mehr zurück. Totgetreten von Menschen aus dem gleichen Ort. Mittlerweile sind sie wieder auf freiem Fuß. Marinos Tod steht für mich auch mit einem Pakt:
„Wisse ein jeder –
niemand ist vergessen
und nichts ist vergessen“
Inschrift eines Mahnmals auf dem Leningrader Friedhof zum Andenken an die eine Million Toten durch die deutsche Belagerung während des Zweiten Weltkriegs
Marinus Schöberl
04. September 1985 – 13. Juli 2002