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Metapedia – Ermittlungen gegen rechtes Propaganda-Wiki

Mit einer eigenen rechten Wikipedia versuchen rechtsradikale seit einiger Zeit teile des Geschichtsbilds zu revidieren. Der deutsche Ableger von Metapedia steht nun zunehmend im Visier der Behörden. Nach einer Anfrage an den deutschen Bundestag ermittelt nur unter anderem das Berliner Landeskriminalamt.

Die Metapedia soll, wie der Name Meta schon verlauten lässt, das Meinungsbild in der Gesellschaft zu gunsten der Rechten verändern. Davon sind sie allerdings Meilen entfernt, denn der deutsche Ableger des Netzwerkes zählt gerade einmal rund 3600 Seiten und ist damit sogar hinter der Kamelopedia, welche sich mit über 10.000 Artikeln nur um Kamele dreht. Betrieben wird das Metapedia Netzwerk von der schwedischen NFSE Media AB, wobei vorallem zwei Namen fallen, nämlich Lennart Berg und Anders Lagerström. Letzerer betätigt sich vorallem beim Nordisk förlaget, welcher vorwiegend rechtsextreme Propaganda vertreibt. Lennart Berg ist maßgeblich an der Finanzierung des Netzwerkes beteiligt. Wie anhand die Betreiber zu vermuten ist, liegt Metapedia auf einem schwedischen Server und ist über eine amerikanische Firma registriert worden.

Laut einer kleinen Anfrage vom September 2008 im Bundestag der Grünen Abgeordneten Monika Lazar, ermittelt nun auch das Landeskriminalamt Berlin. Grund war der Verweis auf den NS-Propagandafilm „Der ewige Jude“, welcher zum Download angeboten wurde. Bestürzend dabei ist das wegen einer Urheberrechtsverletzung ermittelt wird und nicht wegen Volksverhetzung. Grund dafür ist, das die Besitzrechte des Films beim Bundesarchiv in Berlin liegen. Bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wurde ein Indizierungsverfahren eingeleitet, heisst es weiter aus dem Innenministerium. Eine weitere Strafverfolgung sei derzeit nicht weiter möglich, da die Zuständigkeit bei der schwedischen Regierung liegt.

Anbei ein Interview was wir mit der Abgeorneten Monika Lazar geführt haben:

Interview

Welche aktuellen Entwicklungen gibt es im Fall „Metapedia“?

Nach eigenen Angaben startete das rechtsextreme Internet-Nachschlagewerk im August 2006 in Schweden und beinhaltet elf verschiedensprachige Sektionen. Die deutschsprachige Version ging im Mai 2007 online und umfasst mehr als 1000 Artikel mit Nazi-Inhalten. Es werden einschlägige Internetpräsenzen verlinkt und Dateien zum Download angeboten. Unter anderem ist über das „Neuschwabenland-Archiv“ den verbotenen NS-Propagandafilm „Der ewige Jude“ in der Originalversion abrufbar. All dies bewegte mich zu drei schriftlichen Fragen an die Bundesregierung. Laut Antwort vom 05.11.2008 unterrichtete daraufhin das Bundesamt für Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Inhalte von Metapedia die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Es bestehe zudem der Verdacht, dass die Filmkopie unbefugt verwendet werde. Eigentümer der Filmrechte ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesarchiv (Abteilung Filmarchiv). Das Bundeskriminalamt informierte das Bundesarchiv über den Sachverhalt. Darüber hinaus leitete die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ein Indizierungsverfahren ein.

Gibt es aktuelle öffentliche Erkenntnisse zu den Ermittlungen?

Der Stand der internen Ermittlungen ist mir nicht bekannt. Nach eigener Prüfung musste ich aber leider feststellen, dass der verbotene Film „Der ewige Jude“ am 25.11.2008 noch immer von der Website abrufbar war. Dies zeigt, dass die zuständigen Behörden künftig schneller und effizienter in der Bekämpfung des Rechtsextremismus agieren müssen.

Ist es nicht eine neue Qualität der Anmaßung der Neonazis, das Meinungsbild in der Gesellschaft in dieser Form zu Gunsten der Rechten zu verändern?

Die forcierte und umfangreiche Internetpropaganda der extremen Rechten stellt tatsächlich eine neue Qualität dar. BetreiberInnen profitieren dabei von der Tatsache, dass Straftatbestände im Internet oft schwerer zu ahnden sind. Laut Impressum zeichnet „NFSE Media AB, Sweden“ für Metapedia verantwortlich. Der Sitz ihres Internetanbieters liegt in den USA. Die Bundesregierung ist daher gefordert, verstärkt für weltweit geltende Mindeststrafbarkeitsbestände einzutreten. Jedoch dürfen wir das Problem nicht allein auf die Justiz „auslagern“. Die gesamte Gesellschaft muss einen Gegenpol aufbauen und offensiv demokratische Werte und Angebote im Internet zugänglich machen. Dabei brauchen wir Formen, die auch junge Menschen ansprechen und eine „Erlebniswelt Demokratie“ schaffen.

Was empfehlen Sie LeserInnen, um sich stärker im Alltag gegen Rechts zu engagieren?

Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus muss vor allem vor Ort geführt werden. Die extreme Rechte zielt darauf ab, sich mit einer Strategie der „Verbürgerlichung“ lokal zu verankern. Durch Mitarbeit in Initiativen, Vereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr versuchen Nazis, ihre menschenverachtende Ideologie konsensfähig zu machen. Rechtsextremen muss diese demokratische Maske entrissen werden. Besonders sinnvoll finde ich Strukturen, wo sich die Bürgerinnen und Bürger vernetzen, um ihrer Auffassung mehr Gewicht zu geben. Dazu gehören für mich die zahlreichen Bündnisse zur Stärkung der Demokratie, die dem lokalen Rechtsextremismus eine klare Absage erteilen. Am besten funktioniert das, wenn alle demokratischen Parteien, Kirchen, Vereine, Bildungszentren, Unternehmen, BürgerInnen – auch „unangepasste“ alternative Jugendgruppen und KünstlerInnen – eingebunden werden können. Durch eine solche themenorientierte Zusammenarbeit ganz verschiedener Individuen werden Toleranz und Dialogfähigkeit geschult. Wenn die Verwaltungsspitzen, wie etwa BürgermeisterInnen, mitwirken, geht auch eine öffentliche Vorbildwirkung davon aus. Das kann weitere Menschen zum Engagement ermutigen. Letztlich kann auch jede/r Einzelne schon etwas bewirken. So sollten beispielsweise rassistische Aussagen oder Witzeleien nie unwidersprochen stehen bleiben und eine Solidarisierung mit Minderheiten in Alltagssituationen erfolgen.

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